Du befindest dich hier: FSI Informatik » Prüfungsfragen und Altklausuren » Nebenfächer » mathematik » Topologie 10 ECTS Prüfung 2019-08-01   (Übersicht)

Topologie 10 ECTS Prüfung 2019-08-01

Meta Information

  • Subject: Topologie 10 ECTS, SS 2019
  • Date: 2019-08-01
  • Type of Exam: mündliche Prüfung
  • Examiner: Prof. Dr. Karl-Hermann Neeb, Prof. Dr. Catherine Meusburger (Prüfung war etwa 50/50 geteilt unter den Prüfern)
  • Grade: 1.0
  • Evaluation
    • Sehr faire Prüfung. Selbst wenn mensch Fehler macht (z. B. Initial- und Finaltopologie verwechselt) oder sehr weiterführende Fragen nicht vollständig oder nur mit Hilfe beantworten kann, kann mensch eine 1.0 erreichen.
    • Es empfiehlt sich sehr stark, immer den Gedankengang laut zu erzählen; und auch Motivation für Konzepte der Topologie zu erzählen, warum etwas wie gemacht oder eingeführt wurde (zB. warum haben wir den Abbildungsgrad überhaupt definiert?)

Prüfung

Teil I: Grundlegende Konzepte der Topologie

Geprüft von Prof. Dr. Karl-Hermann Neeb.

  • Fangen wir mit Finaltopologien an. Was sind die? Welche Daten brauche ich?
  • Welche Finaltopologien kennen Sie?

> * Koprodukte: Das ist die Topologie auf dem Koprodukt in Set beider Grundmengen mit der derjenigen Topologie, sodass eine Menge darin offen ist gdw. der Schnitt mit den einzelnen Mengen („Kofaktormengen“ ←- meine Erfindung) offen war in den jeweiligen Kofaktortopologien.


* Quotiententopologien: Habe skizziert, wie man Torus, Möbiusband und Klein'sche Flasche aus [0,1] x [0,1] mittels Quotientierung konstruiert.
  • Betrachten wir mal den abgeschlossenen Einheitsball (Anm.: cl(B_1(0)) in R^n). Was passiert, wenn wir den Rand kollabieren?
Ist das nicht einfach das Attachen einer n-Zelle an einen Ein-Punkt-Raum?
S^(n-1) ---> {*}
|           |
v         . v
D^n    --->  S^n


e.g. wenn man Rand von D² kollabiert, so kommt S² (3d-Kugel) raus.

  • Ja, so kann man das auch sehen. Eine andere Sichtweise ist es, das Innere zu ein-punkt-kompaktifizieren. Können Sie dazu was sagen?
Wir haben gesehen, dass man lokalkompakte Hausdorffräume zu kompakten Hausdorffräumen kompaktifizieren kann. Konkret fügen wir einen arbiträres neues Element hinzu (Anm.: das ist Koprodukt mit ein-elementiger Menge in Set).
Als Topologie nehmen wir die ursprüngliche + diejenigen Mengen von dem einen Punkt aus, sodass deren Komplement kompakt ist.
Mir gefällt die Riemannsche Zahlensphäre. *Male die als 3D-Kugel hin mit Punkt auf Nordpol und Kreis auf Oberfläche darum* Die gemalte Menge ist offen gdw. Komplement kompakt ist.
  • Wenn die Komplement von jeweils einem Punkt in zwei Räumen homöomorph sind, sind dann auch die Räume homöomorph?

> Was für Komplemente genau?

  • Also man hat X und Y und dann X\{x} und Y\{y}. Wenn die letzten zwei homöomorph sind, was können wir über X und Y aussagen?

> Ah ja, das war dieser Satz in der VL, dass dann X und Y homöomorph sind. (Anm.: Wohlgemerkt unter bestimmten Einschränkungen! Glaube Kompaktheit von X und Y)

In diesem Sinne sind Ein-Punkt-Kompaktifizierungen eindeutig.

Teil II: Algebraische Topologie

Geprüft von Prof. Dr. Catherine Meusbuger.

  • Was ist der Abbildungsgrad?
*bisschen viel erzählt:* Wir wollten Endowege [0,1] → S¹ kategorisieren (Anm.: Endowege sind mein Begriff für Wege, wo Start- = Endpunkt). Dazu haben wir sie mit Morphismen S¹ → S¹ (Anm.: in Top) identifiziert. Um die leichter handhab zu machen, haben wir mit Hilfe
von Überlagerungstheorie sie geliftet auf Hochhebungen R → R, sodass *skizziertes Quadrat* kommutiert.
Das Nette daran ist, dass die Hochhebungen in der Winkeldomäne sind und wir daher den Abbildungsgrad einfach als deg(f) := \tilde{f}(1) - \tilde{f}(0) definieren können.
  • Sind Hochhebungen eindeutig?
Nein, aber eindeutig bis auf additive Konstante ⇒ Abbildungsgrad wohldefiniert
  • Können Sie mir eine Abbildung geben, die Grad 10 hat?
Def. g: S¹ → S¹, g(z) := z^(10) (Als Exponentiation in C zu verstehen)
Dann ist Hochhebung \tilde{g}: R → R, \tilde{g}(t) := 10 * t

Wir sehen dass Exponentiation in ursprünglicher S^1-Domain zu Multiplikation in Winkeldomäne wird.
  • Wozu haben wir dann das Ganze genutzt?
Wir haben also deg(.) definiert auf S¹ → S¹, also auch auf Endowegen [0,1] → S¹. Man kann nun die Gruppe mit Wegen unter der Homotopierelation nehmen, wo Multiplikation Konkatenation ist.
Und die Gruppe Z mit Addition. Jetzt ist deg(.) darauf ein Gruppenisomorphismus.
  • War es erforderlich, dass wir die Gruppe der Wege unter der Homotopierelation gesehen haben?
Ja, sonst wäre das neutrale Element nicht eindeutig. (Anm.: e.g. sei e der triviale Weg, der auf dem Punkt sitzen bleibt. Dann wäre e \ast e != e)
  • Was sind zwei Räume homotopieäquivalent?
Wenn Morphismen f: X → Y, g: Y → X in Top existieren, sodass f \circ g und g \circ f jeweils homotop zu den jeweiligen Identitätsfunktionen sind.
Das bedeutet, dass Homotopien existieren, bspw. für f \circ g, dass \exists h: [0,1] x Y → Y, die stetig ist, sodass h(0, -) = f \circ g, h(1, -) = id_Y
  • Wie kann man zeigen, dass zwei Räume *nicht* homotopieäquivalent sind?
Z. B. indem man zeigt, dass sie unterschiedliche Fundamentalgruppen haben.
  • Siehe Bild unten: Betrachten wir ein abgeschlossenes Rechteck im R^2 als topologischen Raum. Wir entfernen drei verschiedene Punkte aus dem Inneren. Außerdem identifizieren wir die gleichfarbigen Kanten. Zum Beispiel werden also die beiden gleichfarbigen Pfeilspitzen zu je einem einzigen Punkt identifziert. Haben Sie eine Vermutung über die Fundamentalgruppe des entstehenden topologischen Raums? Wie würden Sie das Problem angehen?
Also im Inneren haben wir ein 3-Bouqet, also freie Gruppe F_3 mit 3 Erzeugern. Wahrscheinlich im Ganzen also F_3 unter einem Normalteiler.
Ich würde mit Seifert-van-Kampen U_1, U_2 offen so wählen, dass U_1 ein offener Kreis im Inneren und U_2 alles bis auf das Zentrum von U_1.

Dann wäre Fundamentalgruppe von U_1 trivial, die von U_1 \cap U_2 wäre Z. U_1, U_1 \cap U_2, U_2 sind alle wegzshg., da U_1 trivial homöomorph zu interior(D²), U_2 war ohne Relation wegzshg., dann auch unter der Relation (stetige Abb. erhalten Wegzshg.)
U_1 \cap U_2 ist dann auch wegzshg.

*malt Pushout Diagramm*
Wir erhalten also F_3/N, wobei N halt der Normalteiler ist aus dem Diagramm.
  • *malt einen Kreis um die 3 Punkte aus dem Inneren, der den Rand des Quadrats nicht schneidet* Ist dieser Kreis im ganzen Raum zusammenziehbar?
Hmhmhm, ich kann mir das schwer visualisieren mit dieser Relation. Ist das nicht *nimmt A4 Papier und faltet*?
  • Was passiert, wenn sie an oberer Kante rausgehen?
Ah, dann komm ich links raus. D.h. ich könnte die Schleife um die 3 Punkte oben rausziehen und hab sie dann links. Dann ist es zusammenziehbar!
  • Genau. Was ist nun die Fundamentalgruppe?
Puh, weiter als F_3/N komme ich nicht.
  • Das wäre F_2, das sieht man wie folgt *skizziert Argumentation*. Aber alles gut, ist in Ordnung, dass Sie das nicht ad-hoc wussten.